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Weniger Konflikte in Beziehungen – warum viele Paare* in Phase 2 stecken bleiben und die Chance auf friedliche Beziehungen verpassen.

  • Autorenbild: Anna Baubin
    Anna Baubin
  • 15. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

In diesem Artikel spreche ich in erster Linie von romantischen Beziehungen. Doch wie immer lassen sich die Punkte auch auf jegliche andere Beziehungen anwenden.


Zum Beispiel bei Eltern und ihren Kindern, die im Laufe der Zeit auch durch genau diese 3 Phasen gehen.

Oder Playmates, Freund:innenschaften, Mitbewohnende, Menschen mit einem gemeinsamen Projekt und so weiter.


Unglücklicherweise bleiben die meisten Beziehungen irgendwo in Phase 2 stecken und verstricken sich in ihr. Dann gehen Beziehungen entweder auseinander oder die ewigen Machtspielchen aus Anpassung und Abwehr bleiben bestehen. Es ist noch erstaunlich, wie lange involvierte Beziehungspersonen bereit sind, in einer Verbindung zu bleiben, in der sie nicht tatsächlich sie selbst sind.


Und da es in meiner Arbeit immer darum geht, Menschen wieder mit sich selbst zu verbinden und in tatsächliche Autonomie zu führen, hier mein Appell an alle, zu erforschen, in welcher Phase sie sich in welcher ihrer Beziehungen befinden.


Los geht es mit:


Phase 1: Verschmelzung


Die erste Phase ist geprägt von Verliebtheit, Verschmelzung und Verbindung.


Das ist der einfache Teil: Chemie ist hoch, die Konflikte wenig. Wir übersehen Warnhinweise, konzentrieren uns auf das Potenzial und ignorieren die Muster hinter dem Verhalten.


Angewohnheiten, Eigenheiten und Ticks der anderen Person empfinden wir als herzig.


Wir fühlen uns magnetisch angezogen, schicksalhaft zusammengeführt, vielleicht sogar endlich gerettet aus dem (gesellschaftlich verpönten) Stadium des «Single»-Seins.


Für viele könnte es für immer so bleiben. Doch auf Dauer würden wir vom Hormoncocktail der Verliebtheitsphase verrückt werden.


Denn die Verliebtheit ist nicht für die Ewigkeit gemacht. Die dient dazu, uns zu verbinden. That's it.


Nur idealisiert unsere Gesellschaft heute vor allem die romantische Liebesbeziehung zu etwas, was die Einheitserfahrungen und Verschmelzungsgefühle, die Menschen früher durch Spiritualität, das Göttliche und den Glauben erfahren haben, ersetzen soll.


Doch unser Gegenüber ist eben menschlich und das ist auch gut so. Irgendwann beruhigt sich jedoch unser Nervensystem auf ganz natürliche Art und die Hormone hören auf zu feuern.


Die Realität kehrt zurück, und dann beginnt:


Phase 2: Abgrenzung


Hier denken die meisten Paare*, dass etwas nicht stimmt. Doch eigentlich beginnt genau hier echte Intimität.


Wir hören auf, unbewusst zu verschmelzen, und unsere Unterschiede beginnen, sich zu zeigen, und stossen aufeinander.


Diese ganz natürliche Absteckung der eigenen Grenzen besteht nicht nur aus Irritationen, aufkommenden Konflikten und Missverständnissen. Sondern sie ist ungemein wichtig für die Desillusion in Beziehungen.


Doch viele Menschen sind irritiert: Die Eigenschaften und Dynamiken, die sich vorher magisch anfühlten, empfinden wir jetzt eher als störend, vielleicht sogar als bedrohlich.


Nach der so einfachen Einigkeit zu Beginn, zeigt sich in dieser Phase vermehrt Ambivalenz:


  • Der Wunsch nach Nähe mischt sich mit der Angst, sich zu verlieren.

  • Das Bedürfnis nach eigenem Raum mischt sich mit der Sorge, darin einsam zu sein.

  • Die Sehnsucht nach Verbundenheit resultiert oft in dem Versuch, die andere Person zu verändern, damit es eben so einfach passt, wie am Anfang.


Was in dieser Phase häufig passiert, ist, dass bewusst oder unbewusst und mehr oder weniger subtil, beide Beziehungspersonen beginnen, an der anderen Person herumzuschrauben, und gleichzeitig beide dem Druck ausweichen, sich in etwas hineinbiegen zu lassen, was ihnen nicht entspricht.


Denn auch wenn wir alle wissen, dass der Versuch, unsere Beziehungspersonen zu ändern, keine gute Strategie ist, verfallen wir ihr doch ständig.


Diese Phase ist geprägt von einer Schleife zwischen Selbstschutz und Verbindung.

Zwischen Grenzen setzen und sich öffnen.

Zwischen sich selbst und gleichzeitig in Beziehung bleiben.


Dieser Spagat ist herausfordernd und bedarf Achtsamkeit, Rationalität und Reflexion.


  • Dabei geht es nicht darum, die unangenehmen Gefühle zu unterdrücken oder zu negieren, sondern zu lernen, sie anzusprechen.

  • Sie zu kommunizieren, ohne die Erwartung, dass sich die andere Person als Reaktion darauf verändert.

  • Zu lernen, es selbst nicht persönlich zu nehmen, wenn die andere Person ihre Grenzen setzt und uns ihre Gefühle mitteilt.

  • Uns in Akzeptanz zu üben und mit unseren Wünschen der Veränderung bei uns anzusetzen, anstatt die andere Person zur Veränderung zu drängen.


Warum so viele in dieser Phase stecken bleiben?


Weil Beziehungen romantisiert werden und sich der (Aber)Glaube dank Hollywood, den Brüdern Grimm und anderen Märchen hartnäckig hält, dass «wenn genügend Liebe da ist, es einfach so funktioniert.»


Wichtig ist aber, uns bewusst zu machen, dass unsere Beziehungsperson vor allem eines ist: ein Mensch mit Ecken und Kanten (so wie wir), eigenen Meinungen, Werten und Vorstellungen (so wie wir) und dem eigenen Rucksack in bereits Erlebtem (so wie wir).


Darum ist es Zeit für:


Phase 3: Autonomie


Und hier beginnt sich Frieden in Beziehungen zu etablieren.


Nicht, weil die Konflikte vorbei sind, sondern weil die Beziehungspersonen die Fähigkeit entwickelt haben, sie ohne Vorwürfe zu benennen und auszuhalten.


Den Schmerz dahinter anzusprechen, ohne zusammenzubrechen.

Die Wahrheit zu sagen, ohne ein Arschloch zu sein.

Zuzuhören, ohne es zu persönlich zu nehmen.


Wir kommen weg von der Frage

❓«Wie kann ich die andere Person dazu bringen, sich zu ändern ,damit ich es nicht muss?», zu

❓«Wie kann ich ganz ich selbst sein und trotzdem in Verbindung bleiben?»


Das ist echte Autonomie.


Autonomie (altgriechisch αὐτονομία autonomía «Eigengesetzlichkeit», «Selbstständigkeit») bezeichnet den Zustand der Selbstbestimmung des freien Willens.

Sie ist die Fähigkeit, sich als Wesen der Freiheit zu begreifen und aus dieser Freiheit heraus zu handeln.


Beziehungsarbeit lehrt uns, dass Freiheit und Verbundenheit sich nicht ausschliessen. Und dass Unterschiede keine Hindernisse für nachhaltig gut funktionierende Beziehungen sein müssen.


Autonomie für weniger Konflikte in Beziehungen


In einer Gesellschaft, in der wir nicht lernen, was es für ehrliche, harmonische und friedliche Beziehungen braucht, ist es nicht verwunderlich, dass viele Beziehungen in der zweiten Phase feststecken oder an ihr scheitern.


Wenn auch ihr in Phase 2 steckt und eure Beziehung gerne in Phase 3 bringen würdet, dann verweise ich euch gerne auf die beiden Blogbeiträge über den ersten und zweiten Schritt bei der Auseinandersetzung mit Konflikten und Differenzen.


Weniger Konflikte in Beziehungen sind nämlich viel weniger ein Resultat eines Zufalls oder weil die Personen «so gut zusammenpassen», sondern es stecken Beziehungskompetenzen dahinter, die wir lernen können.


Und natürlich begleite ich euch liebend gerne persönlich auf dem Weg zu mehr Harmonie und Frieden, Autonomie und echter Verbundenheit.


Meine Praxis ist ein Raum, in dem eigene Beziehungsmuster und deren Auswirkung erforscht werden können und wieder gelernt werden kann, gleichzeitig wir selbst und in Beziehung zu sein.


Von Herzen  

Anna Baubin Psychologische Beraterin für Beziehungen aller Art in Zürich


Praxis der inklusiven, systemischen Beziehungsberatung für Einzelpersonen und Paare*


Anna Baubin | Psychologische Beraterin in Zürich




*Paar, Substantiv, (n)- zwei durch eine (wie auch immer geartete) Beziehung miteinander verbundene Menschen.



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