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Die richtige Beratungsperson finden. Worauf Du bei der Wahl von Beratungsangeboten & Co. achten solltest.

  • Autorenbild: Anna Baubin
    Anna Baubin
  • 29. Sept.
  • 6 Min. Lesezeit

Spoiler: Niemand weiss besser als Du, was für Dich ein richtiger Weg ist. (Auch ich nicht.)


Doch beginnen wir von Vorne:


Innere Arbeit, Persönlichkeitsentwicklung, Achtsamkeit und Selbsterkenntnis sind heute eine kapitalistische Ware geworden.


Online-Coaches, Self-Help-Gurus, Pseudo-Schamanen und andere in diesem Markt versprechen schnelle Heilung und schrecken in ihren Marketingaussagen vor fadenscheinigen Versprechungen nicht zurück.


«Wir haben DIE EINE Strategie für Dich!»

«In 6 Wochen zu innerem Frieden!»

«Wir wissen genau, was funktioniert!»

«Und das sagen wir Dir für nur 6'000 Franken! (Ratenzahlung möglich.)»


🤡


In diesem Text möchte ich skizzieren, was bei der Wahl von beratenden Angeboten meiner Ansicht nach wichtig ist, worauf Du achten solltest und worauf es in der Beratung wirklich ankommt.


WICHTIG: Bei schwerwiegenden Symptomen, wie Depressionen, suizidalen Gedanken, beginnenden oder bestehenden Psychosen, psychotischen Schüben und Ähnlichem sollte unbedingt medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden.


To burst the bubble


Letztens erst habe ich mich mit einer Person über ihre Bemühungen unterhalten, achtsamer und weniger gestresst zu werden. Sie fragte mich, was ich ihr raten könnte. Wollte Tipps und Tricks. ​

Mein Tipp: Sie solle sich die Themen, die hinter ihrem Stress liegen, mit einer professionellen und konkret damit beauftragten Person mal genauer anschaun. 


So könne das einen wirklich nachhaltigen Effekt haben.


Ihre Frage daraufhin: «Sagt die mir dann genau, was ich machen muss?».


«Nein.», war meine Antwort, was mein Gegenüber sichtlich enttäuschte.


Schnelle Lösungsversprechen sind Schall und Rauch

Viele meinen: Sie gehen zu einer Person, die «das ja gelernt hat» und diese «repariert» sie in einer Session.  

Gestresst hinein, entspannt heraus.

Abrakadabra - frei von Triggern ward' er. ​


Das geht so natürlich nicht, auch wenn man im Zeitalter von Instagram-Hooks meinen könnte, es wäre so einfach.


Das würde nämlich auch bedeuten, wir könnten all die Verantwortung und Arbeit an die beratende bzw. therapierende Person abgeben.

Als würde man die zerknüddelten Quittungen der Steuerperson des Vertrauens übern Tisch schieben und kurze Zeit später bekommen wir alles säuberlich sortiert wieder retour. 


Doch beim Erforschen der eigenen inneren Welt wird niemand - ausser Du - das innere Chaos ordnen können.


Und trotzdem: Alleine ist der Weg ein noch beschwerlicherer und längerer, als wenn Du den Schritt wagst und Dich von einer Beratungsperson dabei unterstützen lässt.


Es braucht einen Raum, in dem Du Dich sicher fühlst


Eine gewisse Sympathie ist das A und O bei der Auswahl, denn wie sollst Du Dich einer Person öffnen, bei der schon zu Beginn Asympathie dazwischen steht.


Auf Webseiten kannst Du Dir ein erstes Bild von der Person machen. Vielleicht gibt es noch ein Video oder Audiodateien, in denen Du auch die Stimme hören kannst.


Das Bauchgefühl ist hier dabei die beste Ratgeberin. Wenn es hier schon nicht stimmt, suche weiter.


Achte gleichzeitig darauf, ob Dein Verstand bei allen Personen Einsprüche hat... dann ist das wohl eher eine subtile Verzögerungstechnik, um nicht beginnen zu müssen.


Warum ChatGPT und Onlinekurse keinen persönlichen Kontakt ersetzen


Alles, was sie Dir vielleicht bringen können, sind kognitive Erkenntnisse. Dies jedoch auch nur, wenn Du die richtigen Prompts findest und fleissig alleine alle Aufgaben erfüllst.


ABER: Wir Menschen sind höchst soziale Säugetiere. Wir erleben uns und heilen in Beziehung, nicht in generalisierten Onlinekursen und mit KI-Antworten.


In Sessions mit Menschen passiert etwas, was alleine nicht geht: durch Co-Regulation, Empathie und Einstimmung wird Dir ein sicherer Raum zur Verfügung gestellt, in dem Du Dich zumuten und Dich Dir selbst offenbaren kannst.


Das braucht erst einmal Vertrauen und eine Beziehung auf Augenhöhe.


Es ist wichtig, dass sich Deine Reaktionen auf die beratende Person und ihr Verhalten im Prozess zeigen dürfen und Raum bekommen.


Fühlst Du Dich beurteilt?

Traust Du der Person?

Glaubst Du ihr mehr als Dir?

Zweifelst Du alles an, was sie sagt?


Denn diese Fragen und deren ehrliche Beantwortung geben wichtige Hinweise darauf, wie Du auch ausserhalb der Praxis in Beziehung mit Menschen gehst und was Deine primären Beziehungsmuster sind.


Ich fühle, also bin ich


Es gibt mittlerweile zahlreiche Methoden, die in einem beratenden Prozess angewendet werden können.


Die Gesprächstherapie ist eine der häufigsten und am längsten praktizierten Varianten. Ich halte eine reine Gesprächstherapie jedoch für viel zu kurz gedacht.


In einer Kultur, in der die steile (und unwahre) These «Ich denke, also bin ich» tausendfach reproduziert wurde und bis heute wird, liegt eh schon viel zu viel Wert auf dem Verstand.


Dabei ist er - bei genauerer Betrachtung - ein wenig vertrauenswürdiger menschlicher Anteil.


Körperempfindungen und Emotionen in der Praxis zu erforschen, ist für einen nachhaltigen Selbsterkenntnisprozess unumgänglich. Denn dort haben sich alte Prägungen eingebrannt und nur dort können sie auch wieder gelöst werden.


Im Körper und seinem Nervensystem liegen genau jene Programme und Muster verborgen, die wir mit unserem Verstand nicht verändern können.


Zudem kommt: Der Verstand ist manipulierbar. Der Körper, seine Empfindungen und Reaktionen sind es nicht so leicht.


Das bedeutet also, dass wir in Gesprächstherapien viel anfälliger dafür sind, uns Meinungen von aussen einreden zu lassen.


Die richtige Beratungsperson finden und die falsche erkennen


Ja, die beratende Person kennt Theorien, Modelle, Archetypen und Fallbeispiele. Darum sitzt sie ja auch dort und bekommt Geld für ihre Zeit und Arbeit. 

ABER: Schwierig wird es, wenn die beratende Person (unterbewusst) meint, sie hätte DIE LÖSUNG für Dich. Weiss, was für Dich am besten ist.


Sobald Du das Gefühl hast, die Person gegenüber möchte Dich von irgendetwas überzeugen, was mit Dir nicht resoniert, dann sollten die Alarmglocken klingeln.


Und wenn sich das Gefühl verstärkt, dass Deine Wahrheit wenig bis keinen Platz hat und sie auf ihrer Vermutung beharrt, dann sprich das unbedingt an. Wenn sich das nicht ändert, dann nix wie weg.


​​Es geht ums Finden der eigenen Führung


Impulse von Deiner Beratungsperson sind in vieler Hinsicht hilfreich. Jedoch nur, wenn sie revidierbar bleiben.

Achtung, jetzt wird es wichtig!


Es geht in Beratungsprozessen immer um die ehrliche Prüfung, ob die Hypothesen, Theorien und Annahmen von Deinem Gegenüber auch wirklich für Dich stimmen.


Oder eben nicht. Oder zum Teil. 

Denn das lehrt uns, mehr Orientierung im manchmal dunklen und verwirrenden Inneren zu bekommen. Denn auch wenn etwas für mich NICHT stimmt, ist das eine wertvolle Erkenntnis.


Und wenn etwas so bissl stimmt, was stimmt denn dann eher? 


All das muss Raum in der Praxis finden. Nichts und niemand im Aussen wird uns diese ehrliche Auseinandersetzung mit uns selbst und das Wiedererlernen dieser Prüfung abnehmen können.


Egal, wie viel sie uns in ihren Marketingslogans vorgaukeln.


Es gibt immer mehrere potenziell richtige Wege


Diese Eigenverantwortlichkeit, um die wir im Selbsterforschungsprozess nicht drumherumkommen, war auch mir lange ein Dorn im Dritten Auge.


Denn ich wollte es «einfach» haben, so wie es mir einerseits von dem modernen Komfortversprechen unserer kapitalistischen Welt vorgegaukelt wurde.


Andererseits habe ich aus meiner Kindheit eine panische Angst mitgenommen, etwas falsch zu machen. Darum gab ich die meiste Zeit meines Lebens die Verantwortung ins Aussen ab und dachte, es würde mein Leben dadurch einfacher machen.


Bis ich feststellen durfte, dass die damit einhergehende Anpassung und Unfreiheit im Grunde das Anstrengendste war, was ich hätte tun können.


Zugegeben, der Weg aus der Anpassung ist auch nicht unanstrengend... Veränderungsprozesse sind dies meist. Doch gleichzeitig bin ich immens dankbar, diesen Weg gehen zu dürfen und meinen Weg darin immer mehr zu finden.


Besser spät als nie.


Der fadenscheinig scheinende Faden 


Im Nachhinein lässt sich übrigens der umgangssprachliche rote Faden ganz wunderbar in die eigene Geschichte einweben und sticht manchmal dann unübersehbar leuchtend aus all dem Gewirr hervor.


Dann greifen wir uns an den Kopf und wundern uns, wie wir das vorher nicht hätten sehen können. 


Ganz einfach: Er war noch nicht da. Da gab es also auch nix zu sehen. Nix zu erkennen. 

Doch jetzt, jetzt sind wir einen Schritt weiter.

Eine Erkenntnis reicher. 

​Und in diesem Prozess lernen wir immer mehr, auf die eigene innere Stimme zu vertrauen und die Ratschläge von anderen als das zu sehen, was sie sind: eine Möglichkeit zu prüfen, ob sie mit uns resonieren und wirklich stimmig sind. Oder eben nicht. 

In diesem Sinne: lass Dir nix einreden.

Auch nicht von mir.


Ich bin natürlich voreingenommen, was die Sinnhaftigkeit von Beratungen, Persönlichkeitsentwicklung etc. pp. angeht.


Denn ich erlebe eben am eigenen Leib und Seele, wie dadurch Freiheit und Frieden in meinem Leben wachsen, je mehr ich mich darauf einlasse und je länger ich mich damit beschäftige.


Und genau diese Freiheit und den Frieden wünsche ich allen Menschen.

Auch Dir.

Von Herzen  

Anna Baubin Psychologische Beraterin für Beziehungen aller Art in Zürich


Praxis der inklusiven, systemischen Beziehungsberatung für Einzelpersonen und Paare*


Anna Baubin | Psychologische Beraterin in Zürich




*Paar, Substantiv, (n)- zwei durch eine (wie auch immer geartete) Beziehung miteinander verbundene Menschen.





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